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Samstag, 16. Februar 2008
Pausenbild (I)
marcel diel, 00:02h
Preisfrage: Welche dieser vier Meldungen wird durch das Foto illustriert?
Aber was ich eigentlich sagen wollte: Es geht bald weiter. Hatte in den letzten Wochen nur etwas viel um die Ohren.
[Screenshot von Spiegel Online, 14.02.08 :: Antwort hier]
Aber was ich eigentlich sagen wollte: Es geht bald weiter. Hatte in den letzten Wochen nur etwas viel um die Ohren.
[Screenshot von Spiegel Online, 14.02.08 :: Antwort hier]
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Montag, 28. Januar 2008
kleine idyllen (4)
marcel diel, 12:16h
12 uhr: der rasen bellt
vorüberschreit ein schwärmchen schüler
noch ganz warm vom regen
der ins graue fällt
mein träger blick fängt keinen
baum mehr ein und keine
farbe lädt ihn dazu ein als gast
dort draußen zu verweilen
ach! würd die alte frau im erdgeschoss
mich nicht zur gartenarbeit runterbrüllen
ich blieb wohl weiter hier und übte
meine schrift in tranigen idyllen
Am 9. Mai 2004 las ich zusammen mit dem Künstlerpoeten Olaf n. Schwanke in der Städtischen Galerie Haus Seel in Siegen. Unsere Matinee trug den Titel »Kleinstadtpoeten im Park« und war eine Mischung aus eigenen und fremden Texten, unter anderem von Kästner, Rilke, Benn, Wondratschek und Born. Zum Abschluss sangen wir gemeinsam den Kreisler-Hit »Tauben vergiften im Park«. Einen Tag später entstand, als zweites von vieren, das obige »Idyll«.
Wer Schwankes Texte kennt (der Dichter steht leider auf Kriegsfuß mit den neuen Medien, daher finden sich kaum welche im Netz; auf der Website des Mainzer Kulturtelefons kann man ihn sich aber immerhin anhören), wird in diesem Gedicht vielleicht einen Hauch davon wiederentdecken. Mich selbst hat beim Schreiben vor allem das »schwärmchen schüler« so sehr an ihn erinnert, dass ich schon fast ein unbewusstes Plagiat in Erwägung zog – was es jedoch, wie ich mich versichert habe, nicht ist.
Übrigens ist im vergangenen Jahr nach zahlreichen Ausstellungskatalogen und bibliophilen handgemachten Bändchen endlich Schwankes erster nicht selbstverlegter Gedichtband erschienen: Verse. Voll. Jetzt im Conte-Verlag Saarbrücken.
Zum Bild: Lauschig: Die zwei Dichter auf dem Mainzer Zentralfriedhof im August 2002. Rechts im Bild Herr Schwanke.
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Sonntag, 27. Januar 2008
kleine idyllen (3)
marcel diel, 17:07h
9 uhr: ich pflücke die zeilen
meines gedichts aus der luft
wie spatzen die lerchen vorgeben
trau ihrem singsang nicht
allzu schnell wird mein griff
zur faust zerbricht sie zu federn
knochen blut breiwerk das
seine form nicht kennt
besser den blick
nach innen zu wenden?
besser: ich bau dir
mein wort in den wind
Vom 30. April bis 2. Mai 2004 nahm ich an einer Schreibwerkstatt des Literaturvereins Südthüringen teil, die in einem ehemaligen FDJ-Heim in Untermaßfeld bei Meiningen stattfand. Ich war nicht zum ersten Mal dort. Schon 1994, als ich selbst noch Mitglied der (inzwischen längst aufgelösten) Autorengruppe Koblenz war, hatte sich der Kontakt zu den Thüringern ergeben, und eine Zeit lang fuhr eine kleine Delegation von uns jedes Jahr nach »U'feld«, um dort gemeinsam über Texte zu diskutieren, neue zu schreiben und regelmäßig bis spät in die Nacht zu klönen. Das verschlafene Dörfchen, eingebettet in eine der schönsten Landschaften Deutschlands, erwies sich dabei als höchst inspirative Umgebung und hatte damals noch eine weitere Attraktion zu bieten, einen Einwohner nämlich, der als einer der profiliertesten Naturlyriker der ehemaligen DDR galt: Walter Werner. Bei mir als damals noch recht dilettantischem Schreiberling hinterließ er großen Eindruck, und so finden sich Spuren seines Werkes in nicht wenigen meiner Texte. Leider blieb diese Begegnung einmalig, denn nur ein Jahr später, im August 1995, starb Walter Werner, und bis auf die wenigen, die ihn persönlich gekannt und teilweise schon in den 70er Jahren zu dem von ihm geleiteten ›Zirkel schreibender Arbeiter‹ gehört haben, erinnert heute kaum noch jemand an ihn (das kulturelle Gedächtnis ist grausam, vor allem unterbesetzt). Holger Uske, Schriftsteller und Vorsitzender des Literaturvereins, hat ihm unter anderem in zwei Artikeln, die in der von mir herausgegebenen Zeitschrift »Kritische Ausgabe« erschienen, ein Andenken bewahrt.
Bei jenem Treffen im Jahr 2004 allerdings wollte es mit der Inspiration nicht so recht klappen. Anne Gollin, die als Referentin aus Berlin angereist war, hatte uns ein Thema gestellt (wie es hieß, weiß ich nicht mehr, glaube aber, es war irgendetwas mit »Kindheit«), mit dem jeder für sich den Rest des Nachmittags zubringen sollte. Da mir partout nichts einfallen wollte, schlenderte ich ein wenig durch die Gegend, ließ mich von der Natur berieseln und dachte so vor mich hin, ich dachte: Wenn du nicht einmal nach Vorgabe schreiben kannst, wie soll aus dir dann ein Schriftsteller werden? Verinnerlichte das. Kehrte nach Hause zurück, und zwei Tage später, am 4. Mai 2004, schrieb ich dieses Gedicht – das erste von vier »Idyllen«.
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Samstag, 26. Januar 2008
kleine idyllen (2)
marcel diel, 12:13h
8 uhr: den tag sondieren / heißt
das abgelegte altpapier der nacht
ins haus zu holen dann im morgen-
kaffee saccharin (den traum) zu lösen
sich ins geäst vorm fenster chloro-
phyll zu denken strecken wachsen
mit den sorgen grob entworfen auf
dem umschlag einer unbezahlten rechnung
mach du die betten ich entsorg
den müll und bring die wäsche aus
dem keller mit beim spülen dann
entsteht aus einer maserung des
küchenbretts (der laune) eine
feine skizze dieses tages
Von den »kleinen idyllen« ist mir dieses hier persönlich das liebste. Entstanden ist es am 17. Mai 2004, also einen Tag früher als das gestrige Gedicht, und wurde ebenfalls als Plakat bei den Literaturtagen in Montabaur ausgehängt.
Da ich mir, ehrlich gesagt, gute Chancen ausrechnete, nahm ich damit außerdem am Jokers-Lyrikwettbewerb 2007 teil – und erhielt tatsächlich einen Preis, wenn auch unter ›ferner liefen‹: ein »Buchpaket im Wert von 100 Euro«, gestiftet von der Zeitschrift »Die Berliner Literaturkritik«. Das vermeintlich hochwertige Paket bestand allerdings aus offenbar aussortierten Rezensionsexemplaren, anders kann ich mir die höchst kuriose Zusammenstellung jedenfalls nicht erklären. Dafür, dass die Redaktion selbst ihrer Beteiligung an der Ausrichtung dieses Wettbewerbs nicht allzu viel Bedeutung beimaß, mag auch die Tatsache sprechen, dass er auf ihrer Website mit keinem Wort erwähnt wurde. Aber immerhin: »Sonderpreis der Berliner Literaturkritik« klingt doch nicht schlecht im Lebenslauf ...
Das Gedicht kann man übrigens via jokers.de »an Freunde empfehlen«[?]. Gedruckt erschien es in der BoD-Anthologie zum Wettbewerb, die allerdings weiter nicht der Rede wert ist.
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Freitag, 25. Januar 2008
Tagebuch | 22./25.01.2008
marcel diel, 15:47h
die meisten tage stolpern so dahin, immerhin: sie bewegen sich. zur ausübung meines berufs bedarf es eines schreibtischs, eines computers mit internetanschluss und ruhe, wenn auch nicht unbedingt einsamkeit. das ist nicht immer schön und tut auch nicht immer gut. ich rauche zuviel, verbummle zuviel zeit mit unwichtigem oder damit, zu überlegen, was wichtig ist, ohne mir diese frage letztlich beantworten zu können. ich schlafe zu tief und zu lang, aber das erst seit ein paar tagen. pflege die vage hoffnung, dass die zeit dort draußen einfach stehen bleiben und es letztlich auch reichen könnte, sich nur im geiste voranzubewegen. weiß, dass das nicht reicht.
mein verstand ist wach, ständig. deshalb irritieren mich träume von riesigen insekten (und das ist keine Kafka-anspielung) und verunsichern mich solche ›diskussionen‹, wie sie momentan um »gewalttätige jugendliche mit migrationshintergrund« geführt werden. mitunter sehe ich überall die hässliche fratze des faschismus. Biermann meinte mal (sinngemäß), man solle vorsichtig sein mit der anwendung dieses begriffes, damit er nicht seine bedeutung verliere und nicht mehr greife, wenn der ›echte‹ faschismus wieder vor der tür stehe. ich bin vorsichtig, aber je vorsichtiger ich werde, desto deutlicher sehe ich diese fratze vor mir, so deutlich, dass ich mich frage, warum nicht viel mehr leute, kluge leute, aufschreien, wenn in diesem land wieder einmal über »sicherheit vor freiheit« gefaselt und über neue möglichkeiten nachgedacht wird, die rechte der bürger einzuschränken.
es ist schwierig, im angesicht des unrechts nicht selbst ungerecht zu werden. wie ein mantra bete ich mir (guter katholik, der ich war) immer wieder vor:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeitmuss man, um ›den boden für freundlichkeit zu bereiten‹, selbst unfreundlich werden? und wenn ja, in welchem maß?
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser.
vielleicht sind die zeiten aber auch gar nicht so finster, wie ich sie mir einrede. vielleicht sind nur meine augen lichtempfindlicher geworden. – »da hilft nur, aufzustehn und mal was andres sehn ...« – wir befinden uns in einem kabarett, berlin im spätsommer 1929. auf der bühne Kurt Gerron, theresienstadt ist noch weit, am klavier Rudolf Nelson, das publikum, einem bild von George Grosz entsprungen, kreischt vor lachen. um schlag zwölf werden sie sich alle wieder in mäuse verwandeln, sie wissen es nur noch nicht. bis dahin wird getanzt und getrunken, geraucht und geflirtet, während sich die stadt, ganz langsam, aber merklich dem verfall entgegendreht. – »da hilft nur, aufzustehn und mal was andres sehn ...« – vor ein paar tagen habe ich zufällig eine kneipe entdeckt, die tatsächlich zum »raucherlokal« deklariert war: ein unscheinbarer irish pub am landwehrkanal, aber, wie sich – leider erst am ende, als der wirt, wohl neue stammkundschaft witternd, mir und meinem begleiter eine kleine führung anbot – herausstellte, mit einem dart- und einem billardzimmer bestens ausgestattet. M. und ich hatten ein paar stunden dort zugebracht, ein paar bier getrunken, geredet, es war erholsam, endlich auf andere gedanken zu kommen, oder besser gesagt: auf die gedanken eines anderen.
M. steht vor einer entscheidung: soll er's wagen, sich eine existenz als freier autor aufzubauen? ›freier autor‹, das klingt ebenso aufregend wie unbestimmt: sein eigener herr sein und sein brot mit schreiben verdienen – nur wie man das macht, weiß keiner so genau, und um ein risiko scheuen oder eingehen zu können, muss man es natürlich erst einmal kennen. als ich noch in den autorenverbänden meines heimatbundeslandes aktiv war, habe ich einige gestalten getroffen, die sich als freiberufler angemeldet hatten, nur weil sie in irgendeinem klein- oder gar im selbstverlag mal ein bändchen veröffentlicht hatten und nun auf den großen geldsegen warteten. ihnen allen war gemeinsam, dass sie sich verkannt fühlten und böse mechanismen am werk sahen, die ihnen den weg zum ruhm verwehrten. was man auch dagegen einwandte, immer waren die ominösen ›anderen‹ schuld an der misere: der verlag, der sich nicht genug um die vermarktung kümmere, der lektor, der ein manuskript abgelehnt habe, obwohl es doch mindestens »ein zweiter ›Ulysses‹« (ausgerechnet!) sei, der redakteur, der einem ein wenig leichtsinnig erzählt hatte, dass er selbstverlegte bücher prinzipiell nicht rezensiere, und schließlich wir, die ehrenamtlichen ›funktionäre‹, die ihm noch nicht einmal eine lesung verschafften. nur die qualität der eigenen texte war natürlich über jeden zweifel erhaben, und sich selbst etwas mehr engagieren? »ja, wozu gibt es denn euch!«
auf M. trifft das zum glück nicht zu. er ist realist genug, zu wissen, dass man höchst selten ›entdeckt‹ wird, wenn man nur zu hause rumhockt und sich nicht selbst von der stelle bewegt (sieh an, ein bogen zum anfang dieses eintrags! ts!). es ist eben so: die, die einen entdecken sollen, muss man erst selbst entdecken, man muss ihnen ein stück entgegenkommen, und das ist oft mühsam, zeitaufwendig, mitunter auch frustrierend. »aber weißt du, was mich persönlich am meisten frustriert hat?«, sagte ich zu M. »das waren die popliteraten. diese plötzliche schwemme an jungen autoren, die zum teil auch noch jünger waren und so ganz anders schrieben als ich und damit erfolge feierten. da wusste ich, dass ich in diesem theater nicht mitspielen kann.« auch so eine schutzbehauptung. dass jemand erfolg hat, sagt allein ja noch gar nichts aus. immerhin haben uns nicht zuletzt die popliteraten der 90er gezeigt, dass es weniger auf die literarische qualität ankommt als vielmehr darauf, dass das ›package‹ stimmt: autor und text zusammen müssen authentisch wirken, ›credibility‹ ist gefragt und ist das, was letztlich vermarktet wird. trifft natürlich nicht auf alle fälle zu. die kunst ist allerdings erst einmal, dahin zu kommen, dass man vermarktet wird, also: entdeckt zu werden. und wenn man ›gut ist‹ und kritikfähig, dann lohnt sich das wagnis, at least: man lernt eine menge dabei. sagt der, der es selbst nie ernsthaft versucht hat.
die meisten tage stolpern so dahin. ich rauche zuviel, verbummle zuviel zeit mit unwichtigem, ich schlafe zu tief und zu lang, träume von riesigen insekten. pflege hoffnungen. weiß, dass das nicht reicht. immerhin: mein verstand ist wach
filmchen gefällig?
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kleine idyllen (1)
marcel diel, 10:47h
7 uhr: der morgen
ist ein müder wolf der seinen mond noch sucht
kaffee ist kein ersatz für nacht und
bitter schmeckt die luft im an-
gedimmten tag der nebel atmet über
das noch stille grün vorm haus
ziehn müde schon die stadtarbeiter ihre
rasenmäher an den start
Der Gedichtzyklus »kleine idyllen« entstand im Mai 2004 und markiert das Ende meiner ›lyrischen Phase‹, die immerhin etwa sechs Jahre umfasste. Er blieb Fragment. Geplant hatte ich sechs dieser »Tageszeitgedichte« (so einer der Arbeitstitel; ein anderer lautete »Pinnwandgedichte«), aber bereits nach vieren, die ich hier nacheinander präsentieren werde, ging mir die Puste aus.
Das vorliegende Gedicht stammt vom 18. Mai 2004 und ist sicherlich auch in irgendeiner Zeitschrift erschienen, die ich aber gerade nicht zur Hand habe (falls ich sie wiederfinde, reiche ich die Info gerne nach). – Im Vorfeld der 8. Rheinland-Pfälzischen Literaturtage* 2007 in Montabaur wurden Landesautoren dazu aufgerufen, Gedichte einzureichen, die auf Fahnen gedruckt und während des Festivals in der Stadt ausgehängt werden sollten. Ich beteiligte mich mit fünf Gedichten, von denen schließlich zwei – dieses hier und ein weiteres ›Mini-Idyll‹ – in die engere Wahl kamen. Schließlich hieß es, ich solle mich selbst für eins von beiden entscheiden, was ich auch tat: Ich wählte das andere. Und dann brach der Sturm los. Naja, ich will's nicht übertreiben: Eines der Jurymitglieder jedenfalls hielt ein geradezu flammendes Plädoyer »für den mondsuchenden Wolf«: Auf gar keinen Fall dürfe dieses Gedicht fehlen, und wenn man dafür den Text eines anderen Autors opfern müsse! So weit kam es aber zum Glück nicht. Am Ende beschloss man, beide »Idyllen« in den ›Fahnenkanon‹ aufzunehmen. Leider entpuppten sich die Fahnen dann allerdings als PVC-Plakate, die an Laternenpfählen und in Schaufenstern aushingen. Meine beiden habe ich selbst nie zu Gesicht bekommen.
* full disclosure: Als Vorstandsmitglied eines der ausrichtenden Verbände war ich an der Organisation der Literaturtage selbst beteiligt, hatte jedoch keinen weiteren Einfluss auf die hier beschriebene Aktion und trat während des Festivals auch nicht als Autor, sondern nur als Moderator zweier Veranstaltungen in Erscheinung.
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