Montag, 21. Januar 2008
menschen können das
einfach verschwinden
plötzlich einfach nicht
mehr da sein weg sein
fort sein ohne
nachsendeauftrag
postlos fort sein
ihr haus einebnen die
spuren im staub verwehn
abschliessen gehen ohne
blick zurück und
weg sein nicht mehr
erreichbar sein sich dem
vergessen anfreunden
lächelnd gehn oder
traurig mit glitzerndem
blick die augen ganz weit
geöffnet und leise ganz leise
dem anderen deuten dass dies
eine treffen für eine zeitlang
oder für immer das letzte war
sich umdrehn und gehn und
nicht mehr da sein das
unausgesprochene lang schon
mit sich herumgetragene
nächte durchwachte eine wort
nun einfach nicht sagen
zum trotz oder spott
einfach behalten und
mit sich nehmen und keinen
abdruck und keinen versuch
eines echos am ort hinterlassen
nur gehen sich wenden und
gehen und weg sein fort sein
für kurz oder immer das
können nur menschen

festketten muss man sich
an die welt dass man nicht
ebenso einfach ebenso plötz
lich nicht mehr

 

Das Gedicht entstand 1999 und bildete den Abschluss eines Zyklus mit dem Titel »Wesland« [sic!], den ich im selben Jahr als bibliophiles Heftchen selbst verlegte. 2003 wurde es in die DuMont-Anthologie Lyrik von Jetzt aufgenommen und damit einem größeren Leserkreis zugänglich. Und tatsächlich hat es über die Jahre Aufmerksamkeit erzeugt, kurioserweise vor allem im Ausland. So erschien der Text, ohne dass ich selbst etwas dazu tun musste, der Reihe nach in einer rumänischen Anthologie, einer dänischen Literaturzeitschrift (»Hvedekorn«) und einer polnischen Anthologie, jeweils in Übersetzung.

Via jokers.de kann man Gedicht übrigens auch weiterempfehlen.

 

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