Freitag, 25. Januar 2008
kleine idyllen (1)

 

7 uhr: der morgen
ist ein müder wolf der seinen mond noch sucht

kaffee ist kein ersatz für nacht und
bitter schmeckt die luft im an-
gedimmten tag der nebel atmet über
das noch stille grün vorm haus

ziehn müde schon die stadtarbeiter ihre
rasenmäher an den start

 

Der Gedichtzyklus »kleine idyllen« entstand im Mai 2004 und markiert das Ende meiner ›lyrischen Phase‹, die immerhin etwa sechs Jahre umfasste. Er blieb Fragment. Geplant hatte ich sechs dieser »Tageszeitgedichte« (so einer der Arbeitstitel; ein anderer lautete »Pinnwandgedichte«), aber bereits nach vieren, die ich hier nacheinander präsentieren werde, ging mir die Puste aus.

Das vorliegende Gedicht stammt vom 18. Mai 2004 und ist sicherlich auch in irgendeiner Zeitschrift erschienen, die ich aber gerade nicht zur Hand habe (falls ich sie wiederfinde, reiche ich die Info gerne nach). – Im Vorfeld der 8. Rheinland-Pfälzischen Literaturtage* 2007 in Montabaur wurden Landesautoren dazu aufgerufen, Gedichte einzureichen, die auf Fahnen gedruckt und während des Festivals in der Stadt ausgehängt werden sollten. Ich beteiligte mich mit fünf Gedichten, von denen schließlich zwei – dieses hier und ein weiteres ›Mini-Idyll‹ – in die engere Wahl kamen. Schließlich hieß es, ich solle mich selbst für eins von beiden entscheiden, was ich auch tat: Ich wählte das andere. Und dann brach der Sturm los. Naja, ich will's nicht übertreiben: Eines der Jurymitglieder jedenfalls hielt ein geradezu flammendes Plädoyer »für den mondsuchenden Wolf«: Auf gar keinen Fall dürfe dieses Gedicht fehlen, und wenn man dafür den Text eines anderen Autors opfern müsse! So weit kam es aber zum Glück nicht. Am Ende beschloss man, beide »Idyllen« in den ›Fahnenkanon‹ aufzunehmen. Leider entpuppten sich die Fahnen dann allerdings als PVC-Plakate, die an Laternenpfählen und in Schaufenstern aushingen. Meine beiden habe ich selbst nie zu Gesicht bekommen.

* full disclosure: Als Vorstandsmitglied eines der ausrichtenden Verbände war ich an der Organisation der Literaturtage selbst beteiligt, hatte jedoch keinen weiteren Einfluss auf die hier beschriebene Aktion und trat während des Festivals auch nicht als Autor, sondern nur als Moderator zweier Veranstaltungen in Erscheinung.

 

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